Festival der Goldenen Maske – Russian Case-Programm (RC) 2021

Bereits 2000 startete das „Festival der Goldenen Maske – Russian Case-Programm (RC)“ mit der Idee, ein 5-tägiges ein Schaufenster, ein Showcase des russischen Theaters zu etablieren. (von Dieter Topp)

Daraus entwickelte sich eine bedeutende, jährliche Veranstaltung, die sich an internationale Festivals, Veranstalter, Moderatoren, Theaterforscher, Journalisten und Kritiker richtet.

Es werden Premieren der vergangenen Spielzeit vorgestellt, die für den „Golden Mask Award“ nominiert wurden, dazu einige der interessantesten Premieren der aktuellen Saison. Die Trends im russischen Theater sollen dabei über die Grenzen des Landes hinaus in Ost und vor allem West gezeigt werden, um professionellen Austausch voran zu treiben. Der RC dient dabei als Ort für den Dialog zwischen russischem und internationalem Theater und bietet Raum für kreative Interaktion.
Und so taten Kuratorin Maryna Davydova umd ihre Crew heuer mehr als das Beste, boten eine breit gefächerte Online-Ausgabe an, intensiv und informativ. Nicht nur der Online-Zugang zu den neuesten Produktionen war in dieser Ausgabe perfekt organisiert. Wir konnten an den Diskussionen in Zoom teilnehmen und Teil der RC-Community werden.

Mein Interessensschwerpunkt bestand dieses Mal in Musik und Theater, Musik- und Bewegungstheater, denn mehr und mehr gestalten sich die Grenzen zwischen den einzelnen Sparten flüssiger.

„Praktika“ Theater, Moskau
FROST THE RED NOSE
Kammeroper als neuer Blick auf einen klassischen Text von Nikolai Nekrasov
Regie: Marina Brusnikina

Diese „Operninstallation“ des Komponisten Alexei Syumak, der Regisseurin Marina Brusnikina und der Bühnenbildnerin Ksenia Peretrukhina findet an mehreren Spielstätten des Theaters statt. Jeder Veranstaltungsort stellt eine andere Erfahrung dar (z. B. Leben oder Tod) und das Publikum zieht mit. Der russische Dichter Nikolai Nekrasow schrieb 1863 nach Abschaffung der Serfdom in Russland „Frost the Red Nose“ und widmete das Gedicht den russischen Bauernfrauen. Eine Frau, die im Winterwald wegen und um der Liebe Willen zu Tode friert, ist zu einem Symbol der Beharrlichkeit und des Opfers geworden, a priori „russische“ und „weibliche“ Qualitäten. Alexei Syumaks Musik enthält Folklore-Motive mit einer Vokalisierung im Stil des russischen Folkloregesangs. Die Bühne birgt eine Reihe von Installationen in verschiedenen Teilen des Theaters. Diese schaffen jeweils einen anderen Rahmen der Aktion – den Wald, das Gehöft oder die Beerdigungen. Winter, Frost und Schönheit verzaubern die weiblichen Charaktere, die hektisch bereit sind zu sterben. Alexei Syumaks komplexe und einfühlsame Musik wird vom „Praktika“ Ensemble unter der Leitung der experimentellen Sängerin Olga Vlasova recht sinnlich dargeboten.

„Stanislawski Elektrotheater“, Moskau
DAS BUCH VON SERAPHIM
nach dem Gedicht „Das Buch von Thel“ von William Blake und einem Fragment aus dem Roman „Dämonen“ von Fjodor Dostojewski
Regisseur und Komponist: Alexander Belousov

Hierbei handelt es sich um eine Kammeroper, komponiert von Alexander Belousov – der auch mit elektronischen Instrumenten arbeitet – ein musikalisches Bekenntnis von Nikolai Stavrogin aus Fjodor Dostojewskis „Dämonen“. Die Produktion umfasst auch William Blakes Gedicht „Das Buch von Thel“. Zwei Handlungsstränge – das Geständnis von Stavrogin, einer Figur in Dostojewskis Roman, der zu Erzbischof Tikhon kommt, um sein Verbrechen zu gestehen (Jahre zuvor verführte er das 14-jährige Mädchen Matryosha) und William Blakes Prophezeiung eines Mädchens, das versucht, die Wurzel ihrer Melancholie zu verstehen – greifen ineinander und schaffen einen neuen Kontext.

Diese Produktion verbindet eine Reihe von Themen und abwechslungsreichen Ausdrucksweisen. Während des Prologs bleibt das Publikum im Foyer, um den Charakteren beim Erscheinen zuschauen und sich leise in einen Dialog einlassen. Dann führen die Schauspieler die Zuschauer in den Saal, wo das Set an die jugendliche Matryosha erinnert. Mantraartige Musik, Choreographie und Darstellungsstil machen die Geschichten von Blake und Dostojewski realistisch und ergreifend.

Gogol Center, Moscow
BAROCCO
Kirill Serebrennikov
Regie: Kirill Serebrennikov

BAROCCO ist nicht nur eine Performance. Es ist ein Spektakel, bei dem die Schauspieler singen, tanzen, mit Hilfe von Klettereisen auf einen Telegrafenmast klettern und ein Schwert schlucken. Andy Warhol kann bei einem Spaziergang leicht auf Jeanne d’Arc treffen, und Arien aus Opern von Monteverdi und Händel überlagern philosophische Texte von Deleuze und Bataille. Die Handlung dieser verblüffenden und bewusst übermächtigen Performance gerät mit Lars von Triers „The House t h a t Jack Built“ in eine unoffensichtliche, aber wichtige Polemik. Der dänische Regisseur verflocht einen Künstler mit einem Wahnsinnigen, Serebrennikov einen Künstler mit einem Barocco-Mann, der „wie eine Perle von unregelmäßiger Form“ immer allein ist. Sowohl Trier als auch Serebrennikov erfüllten ihre Arbeiten mit persönlichen Reminiszenzen: der eine mit Fragmenten aus seinen Filmen und der andere mit geschickt verschlüsselten Zeilen aus seinen früheren Produktionen. Triers Auge ist gnadenlos: Statt einen Künstler auf eine Stufe mit einem Serienmörder zu stellen, hinterfragt er den Status des Künstlers und beraubt ihn der Aura eines eigens Auserwählten. Serebrennikov hingegen verstärkt ein romantisiertes Bild eines Künstlers, der wie Prometheus der Menschheit das Feuer zurückbringt. Er ist vergleichbar mit dem, der sich selbst geopfert hat (wie Jan Palach). Er passt nicht in irgendeinen Trend und könnte wie Andy Warhol zum Ziel eines Attentats einer gewalttätigen Feministin werden. Er wird mit einem Pianisten verglichen, der von einem rüden Polizisten in Handschellen gelegt wird, während er Bachs „Chaconne“ noch am Klavier aushämmert. Serebrennikov hat das Recht, ein solch Slogan-ähnliches Bild zu schaffen, nachdem er BAROCCO geprobt hatte, als er unter Hausarrest stand. Seine Romantisierung des Barockmannes, der alle Regeln und Vorschriften bricht, ist sehr überzeugend, bezahlt mit seiner eigenen bitteren Erfahrung.

Koproduktion des Dramatikers und Regisseurzentrums und des Internationalen Theaterfestivals Tschechow, Moskau
DER BÄR
Anton Tschechow
Regie: Vladimir Pankov

Anton Tschechows Stück „Der Bär“ ist seit Schultagen allen bekannt. Es ist eine Geschichte von zwei temperamentvollen Menschen, die bereit sind, Waffen zu ergreifen, um zu beweisen, wer Recht hat und wer falsch liegt. Und wenn einer der Duellanten eine Frau und der andere ein Mann ist, kann man das Finale leicht vorhersagen. Das gute alte Varieté scheint aus der Mode gekommen zu sein, kehrt aber dennoch immer wieder auf die Bühne zurück. Leider nicht immer mit einem erfolgreichen Ergebnis. Aber das ist nicht der Fall, wenn der Regisseur Wladimir Pankow ist. Er hat eine moderne, unglaublich lustige und witzige Performance mit zwei brillanten Schauspielern in den Hauptrollen geschaffen, Meister der Groteske oder sagen wir hohen Komödie. Das Lyrische und Komische in Tschechows Stücken gehört immer zusammen, und das sehen wir in DER BÄR. Die Verflechtung von Lyrischem und Komischem wird durch Opernarien unterstrichen. Eine spektakuläre Aufführung im Stil des Soundram, ein theatralischer Leckerbissen, wobei die musikalische Komponente bestens integriert ist.

DER MANN OHNE NAMEN
Valery Pecheykin
Zusammenarbeit von: Pyotr Aidu – Kirill Serebrennikov – Nikita Kukushkin – Alexander Barmenkov

DER MAN OHNE NAMEN wurde von bekannten Namen der russischen Theaterszene geschaffen: Nikita Kukushkin (Hauptdarsteller des Gogol Center), Pyotr Aidu, (Komponist und Performer), Alexander Barmenkov (Bühnenbildner) und Regisseur Kirill Serebrennikov, den man hier im Westen nicht erst vorzustellen braucht. Dies ist ein seltenes Beispiel für „horizontales Theater“ (ein Thema im täglichen Zoom – Vortrag und Diskussion des RC), wobei das kreative Team der Star ist. Diese Aufführung ließ sich von Fürst Wladimir Odojewski inspirieren, der in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts lebte, ein Romancier, Philosoph, berühmter Kochexperte und Erfinder von Musikinstrumenten, ein Mystiker mit dem Spitznamen „Der Russische Faust“.

Aber DER MAN OHNE NAMEN ist kein Biopic. Überhaupt ist hier das Genre schwer zu definieren, wohl eher ein faszinierender Akt theatralischer Alchemie: Die einzigartigen Instrumentenpanharmonien von Peter Aidu aus zehn wieder zusammengesetzten mechanischen Klavieren verschmelzen zu etwas Eigenständigem. Die akrobatischen Tricks des Schauspielers verdrehen einem den Kopf. Die Bühne verwandelt sich im Handumdrehen vom Heute zum russischen Prinzen aus dem 19. Jahrhundert und vom Prinzen zum namenlosen Helden der Zukunft. Das Programm beschreibt diese Teile als Darstellungen der Stadien des alchemistischen „magnus opus“. Das Publikum mag sich entscheiden, wie und ob es die Schritte intellektuell verfolgen will. Es besteht jedoch durchaus die Möglichkeit, einfach entspannt Pjotr Aidus Panharmonien und das brillante Spiel von Nikita Kukushkin zu genießen.

Theaterballett Moskau, Moskau
Ein SIMULTANEOUS GAME
Autorin des Projekts: Anna Abalikhina

Hierbei kommen mir zeitgenössischer Tanz und Tanztheater in den Sinn, die sich beim St. Petersburger OPEN LOOK Festival seit vielen Jahren einzigartig in Russland zum Ausdruck gebracht und im internationalen Kontext einen Namen gemacht haben.

Ein SIMULTANEOUS GAME wurde von der Choreografin Anna Abalikhina, in Kooperation mit dem „Ballet Moscow“ im Rahmen des „Territory“-Festivals erstellt. Der Titel bezieht sich auf ein Schachshowspiel, bei dem ein Profi in mehreren Spiele gleichzeitig gegen eine Reihe von Amateuren antritt. In dieser Inszenierung lädt die Choreografin das Publikum ein, zu Co-Autoren der Performance zu werden und nicht nur Beobachter zu sein. Die Zuschauer haben die Möglichkeit, einzugreifen und den Lauf der Aktion zu ändern.

Die Produktion ist nicht nur wegen ihrer Interaktivität besonders, sondern auch wegen der engen Vernetzung zwischen Publikum und Darstellern.

RC 2021, eine Bereicherung für den kulturellen und künstlerischen Austausch mit russischen Theatern.

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